Herr Rutzke, vier Monate nach der Einführung der DSGVO zeichnet sich auch weiterhin kein klares Bild ab: Zwar beklagen einige Unternehmen die ersten Anwaltsschreiben, doch die befürchtete große Abmahnwelle scheint vorerst ausgeblieben zu sein. Grund zur Entwarnung?
Keinesfalls: Die DSGVO-Unsicherheit ist noch nicht verflogen. Denn nicht nur direkt betroffene Einzelpersonen können nachlässige Unternehmen in die Pflicht nehmen. Auch Wettbewerbern steht es frei, gegen zuwiderhandelnde Konkurrenten Abmahnungen zu erwirken und Gerichtsverfahren einzuleiten. Das Datenschutzrecht hat also wettbewerbsrechtliche Relevanz.
Umso erstaunlicher, dass dies noch nicht im großen Stil passiert.
Das kann noch kommen. Die Abmahnanwälte der Konkurrenten müssen erst einmal prüfen, ob sich ein Unternehmen wettbewerbswidrig verhält. Da reicht es nicht, dass eine Datenschutzverordnung auf einer Homepage fehlt: Ausschlaggebend ist, ob der Tatbestand als wettbewerbswidrig dargestellt werden kann. Anders gesagt, geht es vordergründig nicht um die Inhalte einer Seite, sondern darum, ob ein Unternehmen durch seine (Un-)Tätigkeit einen unrechtmäßigen Wettbewerbsvorteil für sich erschwindeln konnte.
Was bedeutet das konkret?
Wenn ein Unternehmen beispielsweise 10.000 € in Datenschutz investiert hat, der Konkurrent aber nicht, könnte die korrekt handelnde Firma sich überlegen, ob sie nicht einen Anwalt zuschalten und den Wettbewerber abmahnen will. Ob dies dann zulässig ist, werden die Gerichte prüfen.
Wer muss sich hier besonders in Acht nehmen?
Meistens richten sich die Abmahnungen gegen Onlinedienste, Foren, Blogs und ähnliche Anbieter, weil es online relativ leicht ist, Mängel ausfindig zu machen.
Wie genau funktioniert das?
Da reicht schon eine einfache Google-Suche. Wenn man beispielsweise auf der Website eines Anbieters nach Begriffen wie „Bundesdatenschutzgesetz”, „BDSG” oder „Datenschutzerklärung” sucht, sieht man schnell, wie es um die Compliance bestellt ist. Das sind alles Begriffe, die in der Regel auf den relevanten Seiten zum Einsatz kommen und uns deshalb schnell zum gewünschten Ziel führen können.
Und der nächste Schritt?
Jegliche Unterlassung und Zuwiderhandlung gegen die DSGVO kann dahingehend geprüft werden, in welcher Form ein Unternehmen abgemahnt werden könnte. Die relativ zahlreichen Medienberichte zeigen, dass das nicht nur eine theoretische Möglichkeit ist.